Einige Mitglieder des Bündnisses waren heute auf der Demo für Freiräume und bezahlbaren Wohnraum. Andreas Meyer hatte die Möglichkeit eine Rede zu halten. Hier ist der Wortlaut:
Während auch in Kiel der Immobilienmarkt boomt und Investoren bei Niedrigzinsen wild in Beton-Gold investieren, während private Wohnungsbaugesellschaften und Spekulanten sich über steigende Mieten und den Handel mit Immobilien goldene Nasen verdienen, können sich immer weniger Menschen bezahlbare Wohnungen leisten
Über den eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum kann auch nicht die rege Bautätigkeit in der Kieler Innenstadt hinwegtäuschen. Die schicken Neubauquartiere am Schloss,an der Alten Feuerwache oder dem Anscharpark und voraussichtlich in Zukunft auch an der Hörn sind nicht für das Portemonnaie von Durchschnittsverdienern gedacht.Laut einer Recherche des NDR sind nur 2% aller von 2000 bis 20015 in Kiel neu gebauten Wohnungen mit einem Durchschnittseinkommen bezahlbar.
Ein zentrales Problem ergibt sich für die Wohnungsbaupolitik in Kiel aus zu geringen innerstädtischen Flächen für den absehbaren Bedarf an Wohnungen in Verbindung mit ständig steigenden Baulandpreisen in zentralen Lagen. Diese Preise haben sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt und liegen jetzt bei 300,- Euro für den Quadratmeter.
Die von Bürgermeister und Baudezernentin angestrebte innerstädtische Verdichtung mit Wohnraum kommt weder an diesem Flächenmangel noch an den immens steigenden Bodenpreisen vorbei.
Damit wäre vorprogrammiert, dass hier nur begrenzt neue Wohnungen entstehen und die weiteren Wohnungsbauprojekte in der Innenstadt nur im sogenannten „hochpreisigen Segment“ realisiert werden. Schlosspark und Alte Feuerwache lassen grüßen.
Gering- und Durchschnittsverdiener müssen draußen bleiben. Sie werden zunehmenden in städtische Randlagen oder sog. soziale Problemviertel verdrängt.
Doch nicht nur das. Die Mieten steigen ständig bis zu 20% und nehmen einen immer größeren Anteil am Haushaltseinkommen ein. Nicht wenige Menschen verarmen aufgrund dieser Entwicklung
Auch die Zahl der Wohnungslosen ist stark gestiegen. Besonders betroffen sind davon Menschen unter 25 Jahren. Mit knapp 900 Personen ist ihre Anzahl seit 2014 um 250% angewachsen. In der Konkurrenz um preiswerten Wohnraum sind sie die letzten in der Warteschlange.
Besonders dramatisch sieht es im Bereich der Sozialwohnungen aus.
Der Anteil der geförderten Wohnungen ist von rund 16 % im Jahr 2005 auf rund 7% im Jahr 2015 gesunken.
Allein Ende 2018 fallen knapp 4000 Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung.
Das bedeutet, dass dort von den Vermietern ( z.B. Vonovia) innerhalb von drei Jahren Mieterhöhungen von 15 Prozent bis zur örtlichen Vergleichsmiete vorgenommen werden können. Damit wären in Kiel 4000 Sozialwohnungen endgültig futsch.
Der angestrebte Anteil von 30% geförderten Wohnraum bei Bauprojekten auf städtischen Grundstücken wurde bei weitem nicht erreicht. Das hätte die Stadt über Auflagen bei der Bebauungsplanung erzwingen können.
Mit der Glaubwürdigkeit unseres Bürgermeisters ist es nicht weit her.
Er verkündet lauthals, dass ihm der soziale Wohnraum am Herzen liege und künftig mindestens auf städtischen Grundstücken bei Neubauten der Anteil bei 30 % liegen solle. Doch schon bei dem nächsten Großprojekt auf städtischen Boden an der Hörn spricht man nur noch von 20 %.
Das ist ein Skandal! Und genau deswegen sind wir hier.
Ohne politischen Gegendruck wird sich die folgende Entwicklung fortsetzen:
1. Der Bau neuer Wohnungen in Kiel wird insgesamt dem Wohnraumbedarf dramatisch hinterherhinken.Das gilt besonders für bezahlbaren und geförderten Wohnraum.
2. Die Gentrifizierung in der Innenstadt wird zunehmen.
3. Die Wohnungsnot mit steigenden Mieten und einer wachsenden Zahl an wohnungslosen Menschen wird steigen.
4. Der wachsende Mietanteil am Haushaltseinkommen wird weiterhin faktisch zur Senkung des Reallohns bzw. des Realeinkommens führen.
5. Die Konkurrenz um günstigen Wohnraum wird wachsen und die Diskriminierung von Migranten und Flüchtlingen sowie die Ausbeutung ihrer Notsituation auf dem Wohnungsmarkt wird sich erhöhen.
Es liegt an uns gemeinsam mit vielen Kielerinnen und Kielern diese Entwicklung durch politischen Druck aufzuhalten und für eine bunte Stadt zu sorgen, in der wir alle in guten und bezahlbaren Wohnungen leben können.
Forderungen
Bau von sozialem Wohnraum mit einer angemessenen Quote, die nicht unter 30% liegen darf. Diese Quote muss auch auf privaten Flächen gelten.
Schaffung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, die selber baut oder Wohnungsbestände aufkauft.
Bindung öffentlicher Wohnungsbauflächen an öffentlichen Wohnungsbau. Ausverkauf öffentlichen Baulands an Private lehnen wir ab.
Forcierung des Baus von studentischen Wohneinrichtungen
Leerstandssanktionierung mit der Konsequenz von Enteignung
Einführung einer verpflichtenden und sanktionierbaren Mietpreisbremse
Verbot von Zwangsräumungen, die zur Wohnungslosigkeit führen
Mietobergrenzen für ALG II Bezieher müssen auf einem realistischen Niveau liegen.Wenn in einer Region kein Wohnraum im entsprechenden Satz verfügbar ist, darf es keine Zwangsräumung geben und der volle Mietsatz muss übernommen werden.
Keine Wohnverpflichtung für Geflüchtete
Gut ausgebauter und bezahlbarer öffentlicher Nahverkehr damit auch städtische Randlagen gut an die Innenstadt angeschlossen sind.
Besetzung von lange leerstehendem Wohnraum (auch als politisches Signal)
Verhinderung von Zwangsräumungen